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Typologie der einköpfigen Müller-Jasskarten

Autor: Walter Haas

Die von R(...) veröffentlichte Typologie der einköpfigen Müller-Jasskarten The Single Faced Swiss Pattern scheint mir sehr geeignet, verschiedene Auflagen auseinanderzuhalten. Ich habe mich auf jeden Fall gut damit unterhalten, und denke, dass man damit einiges anfangen kann. Man müsste nun noch verlässliche Hinweise auf die absolute Chronologie, also die wirkliche Datierung, finden können. Ob das möglich ist, weiss ich nicht, auf jeden Fall braucht es vermutlich mehr Material, als ein einzelner zur Verfügung hat; wahrscheinlich müsste man sogar auf Museums-Bestände zurückgreifen. Aber seine genauen Beobachtungen sind schon sehr wertvoll.

Als erstes und grobes Datierungsgerüst können die wichtigsten Daten zur Fabrikgeschichte der Müller dienen (bei Max Ruh 2005 bequem nachzulesen):

1871Kauf einer Buchdruckerpresse
Kauf einer Zweifarbendruckmaschine / ab jetzt sind Karten zu erwarten, bei denen ausser dem Schwarz auch eine Farbe gedruckt ist. Angesichts der schlechten Passung auch der gedruckten Farben sind diese Mischtypen nur schwer korrekt zu beschreiben und von schablonierten Karten sicher zu unterscheiden.
Bis 1876J. Müller, Diessenhofen
ab 1876J. Müller, Schaffhausen
ab 1891J. Müller & Cie, Schaffhausen & Hasle
um 1898Aufgabe der Kartenproduktion in Hasle, aber Weiterführung der Aufschrift auf Schellen-Ass
ab 1940J. Müller & Cie, Schaffhauser Spielkartenfabrik
ab 1960AGMülller


Müller Schaffhausen, um 1885. Ich habe noch eine jüngere Version mit besserem lithographischem Farbdruck.

R(...)s Typ A ist folglich sicher nach 1891 zu datieren, vermutlich um 1900. Es handelt sich aber noch um die gleiche Schwarzzeichnung, die schon in den achtziger Jahren verwendet worden war: Auf einer der Schellen des Schellen-Ass führt immer noch ein zweiter Strich vom Rand zum Loch. Alt ist auch, dass der Schilten-König nur vier Quasten hat.

Die neueren Auflagen dürften mit der Übernahme der Fabrik durch Heinrich Müller im Jahre 1902 beginnen; in allen Spielen setzte der neue Direktor neue Drucktechniken, spielgerechtere Zeichnungen und Luxusausgaben durch. Auch das dt. Jass wurde, wie ich jetzt sehe, tatsächlich neu gezeichnet; aber nur mit minimen Abweichungen: Der Strich auf Schellen-Ass verschwindet, die fünfte Quaste beim Schilten-König kommt dazu - aber nicht gleichzeitig, ich habe eine Luxusausgabe mit spitzeckigem Rahmen, die noch bloss vier Quasten aber bereits eine Schelle mit nur einem Strich aufweist...

Komplikationen für die Datierung:

  • Zuverlässiger für die Datierung ist die Druckform für Schwarz (der "Grund"), die Farbformen scheinen freier gewechselt worden zu sein. Das ist vor allem bei den ältern Spielen anzunehmen; vor der durchgehenden Modernisierung durch Heinrich Müller wurde mit vielen verschiedenen Druckverfahren experimentiert; Pedro Seiler kann davon ein Liedchen singen.
  • Eventuell waren aber auch versch. Schwarzformen und verschiedene Farbgebungen gleichzeitig im Gebrauch - das Einfachjass war wohl das am häufigsten verkaufte Spiel Müllers.
  • Eine neue Farbgebung muss nicht unbedingt die Besonderheiten der unmittelbar vorangehenden fortsetzen, sondern kann auf eine noch ältere zurückgreifen; das scheint mir bei R(...)s Merkmalen a und c geschehen zu sein:
  • aEin altes Schaffhauser Bild hatte bei a die rote Umrahmung, ein späteres hatte das ganze Dreieck rot; ein nächstes hatte wieder die Umrahmung; ein etwas jüngeres hat ein gelbes Dreieck, ohne Umrahmung, was dann bis zum jüngsten beibehalten wurde;
    cfeine rote Striche in der Blume; ein späteres Bild hatte keine roten Striche; dann kam wieder eine Ausgabe mit feinen Strichen usw.
  • Ähnliches dürfte mit den verschiedenen Blätterfarben etc. geschehen sein; hier hat die Drucktechnik sicher grossen Einfluss, indem Grün oft aus Gelb und Blau gemischt worden ist; können beim Farbdruck auch unterschiedliche Druckreihenfolgen der Einzelfarben zu seltsamen Resultaten führen.
  • Denkbar ist auch, dass verschiedene Qualitäten mit mehr oder weniger Farben gedruckt wurden, deshalb auch mit leicht unterschiedlichen Formen.
  • Im Moment komme ich nicht dazu, meine paar Spiele (obwohl es weniger sind, als R(...) hat) auf die feinsten Einzelheiten (Blätter, Haarfarben usw.) zu untersuchen. Wenn ich mich daran setzen würde, würde ich zuerst die Zeichnung ganz genau unter die Lupe nehmen. Das Quasten-Merkmal gibt einen guten Einschnitt.


    15. Januar 2006

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